Kreativhouse

Das Kreativhouse ist temporärer Wohnsitz und Arbeitsplatz für Gastkünstler aus der ganzen Welt. Das im Jahr 1933 ursprünglich als Tierarzt-Praxis erbaute Haus wird noch heute von einigen Bad Berneckern als „Schinzel-Villa“ bezeichnet, nach der Familie die hier als Erste wohnte. Heute entwickeln die Betreiber des Kreativhouse, Sabine Gollner und Nigel Amson, kreative Konzepte und Aufgabenstellungen und unterstützen die Besucher bei ihren Arbeiten. Die eingeladenen Künstler produzieren ihre Arbeiten in dieser ländlichen Umgebung, weit weg von den Zentren, um Werke zu schaffen, die spezifisch für Bad Berneck und die Region sind.

Künstleraufenthalte in diesem Gebäude haben eine lange Tradition: Bereits 1952 wohnte hier Herbert von Karajan, als er während der Wagner Festspiele in Bayreuth die heute legendäre „Tristan und Isolde“- Inszenierung dirigierte (siehe Diary). Kreativhouse ist auch der Sitz des Vereins „KüKo“, der Künstlerkolonie Fichtelgebirge e.V.. Mehrere Kreative der KüKo haben zur QR-Tour beigetragen: Designer Marc Eichner, die Texter Susan Graunke und Harald Scholl, die Kalligraphin Andrea Wunderlich, um nur ein paar zu nennen (siehe Credits-Seite).

Die QR-Tour …

… entstand hier im Kreativhouse.

Hier arbeitet das Team der Kreativagentur „It’s About Time“, bestehend aus Nigel Amson und Sabine Gollner. Sie konzipierten und entwickelten den alternativen Stadtreiseführer „Die QR-Tour“ in Bad Berneck für Bad Berneck.

Das gleiche Team gründete auch die Künstlerkolonie Fichtelgebirge („KüKo“), aus deren Pool die Kreativen stammen, die die QR-Tour gestalteten und produzierten. Sie nutzten diesen Pool der Talente, um die Inhalte für dieses einzigartige Projekt zu erdenken, zu bearbeiten und zu produzieren. Zusätzlich wurden internationale Künstler engagiert und das Projekt wurde sowohl durch deren Beiträge als auch von KüKo-Mitgliedern geprägt.

Bevor Nigel Amson und Sabine Gollner nach Bad Berneck zogen, leiteten sie die Multi-Media Firma „It’s About Time Productions“ in Birmingham, Englands zweitgrößter Stadt. Dort führten sie viele Kulturprojekte durch und produzierten Filme u.a. für Museen, Galerien, Gemeinden und Firmen.

Sie zogen 2011 nach Bad Berneck, weil sie sich in diese Kleinstadt, die „Perle des Fichtelgebirges“, verliebt hatten. Sie fanden viele der einstmals attraktiven Gebäude verschlossen oder nur an wenigen Tagen im Jahr zugänglich, und wollten mit einem kombinierten Kultur-Tourismus-Projekt diese Orte auf digitale Weise zugänglich machen.

Die Form der freien, netzunabhängigen App (Applikation) für Tablet-Computer wurde als Medium gewählt, da ländliche Bereiche wie Bad Berneck und Goldkronach nur lückenhaften Mobilfunkempfang haben.

Die QR-Tour führt die Informationen, Fotos, Filme, Geschichten und Erinnerungen der Stadt aus verschiedenen Quellen an einem Punkt zusammen. Zum ersten Mal weltweit können Besucher durch ein einzigartiges Multimedia-Erlebnis auf einem Tablet-PC markante Orte der Stadt, Sehenswürdigkeiten sowie private Geschichten und Erinnerungen erleben. Der QR-Rundgang enthält nicht nur „Standard“-Informationen für Touristen, sondern bietet durch Interviews und Erinnerungen von Menschen, die hier leben, auch den lokalen Blickwinkel.

Blumen

Ich liebe es, hier in Bad Berneck zu leben – die Lage ist perfekt für uns. Ein bisschen Stadt, ein wenig Land. Wir zogen hierher aus einer Großstadt, und es ist genau die Art von Lebensqualität, die wir wollten. Für eine Familie mit kleinen Kindern ist Bad Berneck ein sehr guter Wohnort, Wald und Natur sind direkt vor der Tür. Schule, Kindergarten und Läden sind alle in Laufdistanz vorhanden. Auch für unsere Firma ist die Infrastruktur sehr gut – wir sind hier im Herzen Europas, mit guten Strassen- und Bahnverbindungen nach München, Berlin, Prag.

Ich kann mich nicht entscheiden, welche der Jahreszeiten hier mein Favorit ist, sie haben alle viel zu bieten. Von den wunderbar frischen Grüntönen im Frühling zu den orange-goldenen Wäldern im Herbst, eiskalten Winter und angenehmen Sommertagen – es ist einfach toll, an einem Ort zu wohnen, wo andere Urlaub machen.

Für die QR-Tour-fotografierte ich einige der Frühlingsblumen im Garten vom Kreativhouse.

Sabine Gollner

Künstleraufenthalte
Das Kreativhouse hat bisher zwei offizielle Künstleraufenthalte veranstaltet. Aber auch zwischendurch kommen viele befreundete Künstlerkollegen zu Besuch.
Beispielsweise kam der britische Filmemacher Mark Pressdee nach Bad Berneck auf der Suche nach einem möglichen Drehort für seinen nächsten Kurzfilm. Sein letzter Film „Titanic Love“ erhielt viele internationale Auszeichnungen. Das junge portugiesische Paar Barbara Sereno und Ricardo Garcez verbrachte mehrere Wochen damit die Stadt mit Mikrofon und Kamera zu erkunden, und schuf Illustrationen und Geschichten (siehe QR 5). David Checkley, Elektriker und Lichtkünstler aus Großbritannien, erstellte Arbeiten in Reaktion auf die vielen Leerstände in der Stadt. (QR 1, 15, 22).
Die erste offizielle Einladung der Küko zu einem „Internationalen Künstleraufenthalt im Fichtelgebirge“ wurde von dem britischen Bildhauer Ivan Smith wahrgenommen. Seine Aufgabe war es, fünf Objekte oder Orte in Bad Berneck (und eine weitere ein in Wunsiedel) zu markieren, um Diskussionen über die Stadtentwicklung anzuregen. Küko Mitglieder dokumentierten seine Arbeit und führten vor Ort Gespräche mit Bürgern und Besuchern. Ivan Smiths Arbeit setzte Impulse an Orten, die als selbstverständlich wahrgenommen werden oder sogar übersehen werden.
Zum zweiten „Internationalen Künstleraufenthalt im Fichtelgebirge“ wurde der britische Filmemacher und Künstler Dominic Day eingeladen. Als Naturliebhaber wurde er gebeten filmische Arbeiten für die QR-Tour zu erstellen. Er war ganz besonders fasziniert von Naturphänomenen wie die Drehung des Sternenhimmels über Bad Berneck oder auch von Flora und Fauna der Wälder.
Viele lange Stunden saß er hoch über der Stadt, ob im Schlossturm oder in der Nähe einer der vielen Aussichtsplattformen oberhalb von Bad Berneck, Komma und wartete geduldig wie die Dinge ihren Lauf nehmen. In seinen Filmen zeigt er die natürliche Schönheit der Wirklichkeit.

Ivan Smith Ausstellung
Zum Abschluss von Ivan Smiths artists residence wurde eine fotografische Dokumentation seiner fünf ‚flüchtigen Installationen“ auf großen Schautafeln im Kreativhouse ausgestellt. Zusammen mit Kommentaren von Besuchern und Betrachtern, die an den Standorten gesammelt worden waren. Auch Postkarten und Ideen von Kindern der örtlichen Sebastian-Kneipp-Schule wurden ausgestellt. In einem Workshop an der Schule, hatten Ivan und Sabine die Kinder aufgefordert, Ideen für Bad Berneck für das Jahr 2020 zu entwickeln.
Siehe QR 3, 8 und 11 für Ivan Smiths Arbeiten. Siehe auch Credits für mehr über Ivan Smith.

Andere Events von Kreativhouse
Reger Ideenaustausch bei interdisziplinären Netzwerktreffen für Kreativschaffende der Region – organisiert von Kreativhouse und Küko.

None of Them Knew They Were Robots (Auszug)

Pharmacist, aka Nigel Amson, schrieb diesen Titel als Kommentar auf die deutsche Bürokratie und die Tendenz, den sicheren Weg zu nehmen statt ein Risiko einzugehen.

In seinem Studio nahm Nigel den lokalen Musiker Christopher Steinlein auf, der die Caisa spielt, ein gestimmtes perkussives Instrument aus Metall. Er kombinierte diese Samples mit Trip-Hop-Beats und Sprachsynthesizer, aufgenommenen Keybord-Sounds und, um den Track zu vervollständigen die Stimme von Sabine: „you can never be sure about anything“- „man kann sich nie über irgendetwas sicher sein“…

Illustration von Ricardo Almeida Garcez.

None of Them Knew They Were Robots (Auszug) Pharmacist, aka Nigel Amson

 

Tipp: An QR 24 und QR 15 kann man mehr Kompositionen von pharmacist hören.

Guest Bedroom Nr 1 – Nordblick

Eine experimentelle Zusammenarbeit: Jeder, der im Gästezimmer Nr 1 im Kreativhouse wohnte, musste pro Tag mindestens drei Fotos ohne Stativ aus dem Fenster machen.

Über ein Jahr lang wurde nach dem Konzept von Dominic Day fotografiert: Ricardo Garcez, Bárbara Sereno, Molly Amson Knight, Dominic Day – und Nigel Amson, wenn das Zimmer nicht belegt war.

Bad Berneck Illustriert

Wichtige Sehenswürdigkeiten, Objekte und Personen von Bad Berneck: eine animierte Collage handgezeichneter Illustrationen von Bárbara Sereno für die QR-Tour.
Animiert von Sabine Gollner und Bárbara Sereno

Blick von oben
Historische Ansichten der Maintalstrasse, gesehen von QR 17 – dem Grünen Pavillon

KüKo – die Künstlerkolonie Fichtelgebirge
Im Jahr 2011 ursprünglich als Facebook-Gruppe gegründet, hat sich die Künstlerkolonie Fichtelgebirge schnell als Netzwerk für Kreativschaffende im ländlichen Raum Oberfrankens etabliert, ein Verein wurde 2012 gegründet. Für ihren innovativen Ansatz für branchenübergreifende Vernetzung und die Entwicklung neuer Geschäftsstrategien, erhielt KüKo die Auszeichnung „Bewegungsmelder – Initiativen, die bewegen“ durch das Bundesministerium für Wirtschaft. Künstler und kreative Praktiker aller Disziplinen – von Kunsthandwerk über Musik zu Web-Design – treffen sich um Ideen auszutauschen und Projekte zu entwickeln. Sie zielen darauf, die Regionalentwicklung mit ihrer Kreativität zu unterstützen.

KüKo Beispiel-Projekt: PappenStil
Eine der zentralen Interessen der KüKo ist es, innovative Nutzungen für die Immobilien-Leerstände in der Region zu entwickeln. „PappenStil“ war KüKos erstes EU-finanziertes Projekt. Diese tschechisch-bayerische Zusammenarbeit im Jahr 2013 sah nicht nur den Austausch und die Zusammenarbeit von Künstlern von beiden Seiten der Grenze vor, sondern auch die Umwandlung einer leerstehenden Etage einer Pappenfabrik in ein Gruppenatelier bzw. einen Proberaum für Küko und geladene Gäste.

Elfriede Beutner, geb. Schinzel

1935 in Berneck geboren, lebt seit über 50 Jahren in München

Meine Familie zog im Jahr 1938 in das eigens für uns gebaute Haus in der Maintalstr. 123. Mein Vater betrieb eine Tierarztpraxis im unteren Geschoss, und wir wohnten oben: das waren meine Eltern, ich und meine 3 Jahre jüngere Schwester, die wir liebevoll „Hannele“ nannten.

Ab und zu wohnten bei uns Künstler oder Mitarbeiter der Bayreuther Wagner-Festspiele.
Der sicherlich prominenteste Gast, den wir je hatten, war der weltberühmte Dirigent Herbert von Karajan. Ich war damals 15 Jahre alt, und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich ihm morgens das Rasierwasser in’s Bad gebracht habe, damals gab es ja noch kein fließendes Wasser in den Zimmern.

Karajan liebte den Wald und ging gerne nach dem Frühstück wandern. Einmal kam er mit Schwarzbeerflecken in der weißen Hose zurück. Ich kann mich noch gut erinnern, wie sie meine Mutter und das Dienstmädchen eiligst gewaschen und getrocknet haben, weil Herr von Karajan die Hose unbedingt nachmittags zum Dirigieren brauchte!!

Meine Mutter blieb abends immer auf, bis er nach seinen Aufführungen in Bayreuth nach Hause kam, um ihm schnell die Türe aufzumachen und ihn hereinzulassen – er wollte die Öffentlichkeit vermeiden, die ihm immer auf den Fersen war.

Auch am Festspielhaus in Bayreuth schlich er sich so schnell und so heimlich wie er konnte davon, weil er nicht von den Fans aufgehalten werden wollte, und raste mit seinem Citroen nach Bad Berneck.

Er war immer sehr nett zu uns Kindern, manchmal durften wir mit ihm im Auto nach Bayreuth fahren – da haben wir immer gezittert, weil er so schnell fuhr. Seine damalige Freundin erregte genauso viel Aufmerksamkeit – es war die Schauspielerin Margot Hielscher, die in ihrem grünen Mercedes vorfuhr. Wer sie war – nämlich eine bedeutende Sängerin und Filmstar – wurde uns erst dadurch bewusst, dass die Bernecker ihr so vehement nachstellten.

Karajan hatte sein Schlafzimmer im oberen Geschoss. Es war ursprünglich das grosszügige Schlafzimmer meiner Eltern, das aber – leider – wenig benutzt war. Mein Vater war nämlich in den letzten Kriegsjahren als Tierarzt vom Militär eingezogen worden, wo er die Pferde der Truppen pflegte, aber er kehrte nie aus dem Krieg zurück.

Sein Abendessen nahm Herbert von Karajan im größten Zimmer im Parterre ein – er hatte seine eigene Köchin.

Elfriede Beutner
Foto: Elfriede Schinzel, 4 Jahre alt

Karajan – Kurzinfo

Herbert von Karajan (1908 – 1989) war ein österreichischer Dirigent. Er zählt zu den bekanntesten und bedeutendsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts.

Karajan arbeitete mit vielen angesehenen Symphonieorchestern, wirkte an bedeutenden Opernhäusern und veröffentlichte zahlreiche Einspielungen klassischer Musik. Er arrangierte auch die Hymne der Europäischen Union.

Karajan hat als Dirigent mehr Einspielungen auf Ton- und Bildträger vorgelegt als die meisten seiner Kollegen. Er spielte etwa 700 Werke von rund 130 Komponisten ein, weltweit wurden an die 300 Millionen Tonträger mit seinem Namen verkauft.

Seine Mitgliedschaft in der NSDAP ermöglichte es ihm, während der Kriegsjahre weiterhin weltweit zu reisen und zu dirigieren.

1951 und 1952 dirigierte er auf den Bayreuther Festspielen.

Foto: Karajan in der Maintalstrasse 123

13. KuKuK – Kulturzentrum über der Stadt
15. Jean Paul Weg