Felsenkeller

Ob die Bergarbeiter wussten was sie damals sichtbar machten, als sie die Felsenkeller in den Stein unter der Stadt gruben? Ab und zu stagnierte der Goldbergbau in Goldkronach; da wies man die Bergleute an – quasi als Arbeitsbeschaffungsmassnahme – Keller zu graben, die der Stadt als natürliche „Kühlschränke“ dienen sollten. Die Grabungen führten zu einem erstaunlichen Resultat: Die Kellergasse bietet einen einzigartigen Gang durch die Erdzeitalter – und dies direkt an der Erdoberfläche – Jahrmillionen sind nur wenige Meter voneinander entfernt.

Dafür ist die ‚Fränkische Linie’ verantwortlich: diese noch etwa 200 m hohe Abbruchkante zeigt die Kraft, mit der hier die Kontinente Afrika und Europa vor langer Zeit aufeinanderprallten. Die QR-Tour beleuchtet verschiedene Aspekte der Felsenkeller:
die geologische Besonderheit „Fränkische Linie“, die Lagerung von Bier und Lebensmitteln in den Kellern und als „Schmankerl“ ein Rezept einer kulinarischen Spezialität aus Goldkronach.

Kellergasse

Die ‚Fränkische Linie‘ ist eine weltweit bedeutende geologische Formation und zieht sich mitten durch Goldkronach. Die Erdverschiebungen haben die Landschaft rund um Goldkronach in vielen Millionen Jahren geprägt.
In vielen Kellern der Stadt sind außergewöhnliche Gesteinsformationen zu erkennen.

Die Fränkische Linie

Im Zeitalter der Kreide vor 80 – 100 Millionen Jahren wanderte die Afrikanische Kontinentalplatte nach Norden, kollidierte mit Europa und die Alpen wurden aufgefaltet. Der dabei entstandene Druck sorgte bei uns in Goldkronach entlang der Fränkischen Line dafür, das die östlich gelegenen Gesteinsmassen stark nach oben herausgehoben wurden und diese die westlich gelegenen Deckgebirgseinheiten überfuhren. Wobei sie deren Randbereiche senkrecht aufschleppten. Das Stadtgebiet Goldkronach liegt mitten in diesem Randbereich, an der Geländestufe. Die Steilstellung der Buntsandsteine sind in den Kellern der Kellergasse sehr schön sichtbar.

Die Fränkische Linie bildet die Bruchlinie zwischen Alten Gebirge (Grundgebirge) und jüngeren Deckgebirgseinheiten der Trias.
Diese Linie gehört zu den bedeutendsten Bruchzonen in Mitteleuropa und lässt sich oberirdisch anhand der markanten Stufe in der Landschaft vom Bayerischen Wald bis zur Nordspitze des Thüringer Waldes verfolgen.
Heute zeugt eine bis zu 200m hohe Abbruchkante, die von Goldkronach aus in Richtung Wirsberg zu sehen ist, von der Kraft der kontinentalen Kollision.

Überall in Goldkronach kann man vertieftes Wissen über diese geologische Besonderheit finden: an detaillierten Schautafeln entlang eines geologischen Informationspfades, im Museum und am Info Haus, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
In der Felsengasse von Goldkronach kann man sich auf eine einzigartige Zeitreise durch Millionen von Jahren begeben. An anderen Orten muss man in die Tiefe steigen, um unterschiedliche Erdzeitalter zu erleben. Hier, in der Kellergasse, hat man ebenerdigen Zugang, und von einem Keller zum nächsten findet man sich in einer anderen erdgeschichtlichen Zeit wieder.

Die Stadt Goldkronach bietet auf Anfrage Führungen durch die Erdgeschichte an:
Frau Annette Taubenreuther ist Geoparkrangerin vom Geopark Bayern-Böhmen und führt Besucher auf mehreren Touren in und um Goldkronach zu kulturhistorisch und geologisch interessanten Punkten.
Tel. 09273 – 9840

Quellen: Dieter Herrmann, Dr. Joachim Nedvidek, Annette Taubenreuther

Die Felsenkeller von Goldkronach

Die Goldkronacher Felsenkeller sind auch aus einem anderen Grund sehenswert:
Früher wurden sie als natürliche „Kühlschränke“ zum Lagern von Bier und Lebensmitteln genutzt. Gleichmäßige niedrige Temperaturen von 8° – 12°C waren das ganze Jahr über gewährleistet. Im Winter wurde Eis aus den Eisweihern geschlagen und sorgte für noch tiefere Temperaturen, bis in den nächsten Herbst hinein. Die Keller wurden mit bergmännischem Fachwissen aus dem Stein herausgehauen. Man kann dies beispielsweise an der gekonnten Lösung sehen, wie das schmelzende Eiswasser über Kanäle abgeleitet wurde.

Ein Grund für den Bau der Keller ist wahrscheinlich auch in der Umstellung des Biererzeugungsverfahrens zu suchen. Ein Schwandorfer Bierrezept von 1549 beweist, dass die hiesigen Brauer diese Neuerung schon früh adaptierten.

Schrittweise begann man von der oberen, warmen auf die untere, kalte Gärung überzugehen und erzielte damit ein süffigeres, vor allem aber länger lagerfähiges Bier. Die Temperatur durfte bei diesem neuen Gärprozess 10° Grad Celsius nicht überschreiten. Bedingungen also, die die tiefen Felsenkeller noch heute bieten.

In Franken hatten die Keller durch die große Brauereidichte seit jeher einen hohen Stellenwert, viele neue Keller wurden Mitte des 19. Jahrhunderts gegraben.

Wo die Gesteinsschichten es erlaubten, erfolgte der Kellerbau vieler Privatleute oder sogenannter Kellergemeinschaften außerhalb der Ortschaften. Oft in ortsnahen Wäldchen, wo im Sommer schattenspendende Bäume zusätzlich die Bodentemperatur senken konnten. Aus diesem Grund wurden in unmittelbarer Nähe zu größeren Felsenkeller-Anlagen häufig Gaststätten oder Biergärten geschaffen, die sich vor allem im Sommer großer Beliebtheit erfreuen. Noch heute geht man im Fränkischen im Sommer „Auf den Keller“, sitzt also oberhalb der Bierkeller unter schattigen Bäumen und geniesst ein Bier mit Brotzeit.

Heute dienen viele aufgelassenen Keller dem Naturschutz, da sie geschützten Tierarten, beispielsweise Fledermäusen, wichtige Winterquartiere bieten,.

Die Kunst der „Arme-Leute-Küche“: Zutenhefeklöße
Es gibt nur wenige Orte, die eine kulinarische Spezialität ausschliesslich für sich beanspruchen können. Goldkronach hat mit den Zutenhefeklößen eine solche Besonderheit. Und dabei sind es genau genommen noch nicht einmal Klöße – denn mit den runden bayerischen Knödeln oder fränkischen Klees haben die Zutenhefeklöße optisch so gar nichts gemeinsam. Auch ihre Zubereitung aus Kartoffel- und Hefeteig dürfte ziemlich einmalig sein: ursprünglich ein ‚Arme-Leute-Essen‘– wurde das teure Mehl hier mit Kartoffeln gestreckt. Bestechend ist auch die Einfachheit der Zubereitung.
Und um ein letztes Kuriosum anzuführen: Diese Klöße werden sowohl warm – mit Rippla und Kraut als auch kalt – mit reichlich Puderzucker bestäubt zum Kaffee – gegessen. Bevorzugt werden für die süße Variante dann aber gekochte statt rohe Kartoffeln verwendet. Noch immer kommen diese knusprigen Klöße in vielen Goldkronacher Familien an Heiligabend auf den Tisch.
Herr Paul Hofmann aus Goldmühl hat für seine Freunde und für die QR-Tour Zutenhefeklöße zubereitet, und stellt hier sein überliefertes Familienrezept zur Verfügung:

REZEPT Zutenhefeklöße (Zutaten für 6 – 8 Personen):
8 faustgroße rohe Kartoffeln
750 g Weizenmehl
1 Teelöffel Salz
3 Päckchen Trockenhefe
120 – 150 g Butterschmalz

Zubereitung:
Rohe Kartoffeln schälen und reiben. Mehl mit Trockenhefe und Salz mischen. Die Kartoffelmasse in das Mehl geben und verrühren. Butterschmalz in einer Auflaufpfanne zergehen lassen. Mit grossem Löffel den Teig portionsweise in der Pfanne verteilen. Dann zwei Stunden lang im Warmen (hier auf Kachelofen) gehen lassen.
Bei 180° im Backofen etwa 60 Minuten knusprig ausbacken. In der Pfanne einmal umdrehen und nochmal kurz backen. Noch heiß mit Fingern zerreissen und zu gebratenen Rippchen oder Schweinebraten und Kraut servieren.
Übrig gebliebene Zutenhefeklöße werden kalt reichlich mit Puderzucker bestäubt und zum Kaffee serviert.

Annette Taubenreuther

… ist eine „Zugezogene“ und mittlerweile überzeugte Neu-Oberfränkin. Ihre Arbeit als selbstständige Designerin in Goldkronach verschaffte ihr Zugang und begeisterte sie für die Geschichte und Geologie der Region und sie machte eine Ausbildung als Geoparkrangerin für den Geopark Bayern-Böhmen.

Ich lebe sehr gerne im Herzen des historischen Goldbergbaus und liebe meine unmittelbare Umgebung. Meine geologisch-kulturhistorischen Führungen geben mir die Gelegenheit anderen Menschen die wunderschöne Landschaft Goldkronachs am Aufstieg des Fichtelgebirges nahezubringen. Meine Gäste sind immer wieder begeistert von unserer Landschaft.“

Hier erklärt die Geoparkrangerin Annette Taubenreuther wie die Felsenkeller früher benutzt wurden.

 

 

Felsenkeller

Fränkische Linie

Ein kurzer Dokumentarfilm über die Entstehungsgeschichte der Fränkischen Linie, einer der bedeutsamsten europäischen tektonischen Bruchzonen Europas.
Auszug aus dem Film ‚Gold im Berg’‚
von Arcadia Productions 2008.

Kleine Felsenkeller Fotogalerie, von innen und aussen.

Reisetagebuch 2014

Auf dem Weg zu den Felsenkellern fühle ich mich wie auf einer Zeitreise in die Vergangenheit:

Beim Verlassen der Hauptstrasse hinein in eine Seitengasse, wechselt plötzlich die Kulisse von modernen Stadthäusern, Autos und betriebsamen Menschen hin zu Häusern mit aufgeschlichtetem Ofenholz, Vogelgezwitscher und einer sanften Brise, die durch die Bäume raschelt.

Vom Gehweg aus sieht man plötzlich kleine Löcher in den Hügeln, wie für kleine Hobbits gemacht: Räume, die sich tief eingraben.

Die unterirdischen Tunnel sind von Bäumen, Gras und Vögeln umgeben, Hügel mit winzigen Holztüren in kleinen steineren Torbögen.

Ein Eingang zu einem versteckten Teil der Welt, in eine unbekannte Vergangenheit.

Chris Rudman
Magazin Editor, Autor, Manchester

33. Schloss Goldkronach
35. Naturerlebnis